Die wirtschaftliche Situation

von Birgitta Duvenbeck

Über die Berufe der Dornholzhäuser Waldenser gibt es in den Quellen unterschiedliche Angaben. So liest man in einem Brief des niederländischen Generalbevollmächtigten Valkenier 1699 an den Landgrafen, in dem er um Aufnahme der Waldenser bittet, folgendes: „Er entschuldige sich dafür, daß seine fürstliche Hoheit im letzten Brief nichts über die Manufacturiers finden konnte, die sie in der neuen „Louisenstad“ anzusiedeln wünscht. Ich hoffe, daß eure Hoheit nicht übel nimmt, daß ich auch jetzt nicht von jenen Leuten spreche, denn eure Hoheit ist ohne Zweifel genügend informiert, daß die Waldenser zuerst angesiedelt werden müssen…. und daß man anschließend auch die französischen Flüchtlinge folgen lassen könne, welche eigentlich unter sich die Manufacturiers, Kaufleute und Handwerker hätten“. Daraus ergibt sich, daß die Waldenser im wesentlichen Landarbeiter und Bauern waren.

Die statistischen Tabellen der Gemeinde Dornholzhausen, die 1738/39 bis 1775 erhalten sind, zeigen ein etwas anderes Bild. Danach haben fast alle Dornholzhäuser handwerkliche Berufe, hauptsächlich Strumpfwirker und damit in Zusammenhang stehende Berufe, wie Wollkämmer, Wollspinner. 1719 werden bereits in zwei Nachlaßinventaren Strumpfwirkerstühle aufgeführt. In einer Eingabe an den Landgrafen von 1750 wegen der als ungerecht empfundenen Auflage, eine bestimmte Anzahl von Spatzen- und Rabenköpfen „zur Beseitigung dieser schädlichen Tiere“ abzuliefern, sagt die Gemeinde:

„Wir sind keine Landarbeiter, wir sind Handwerksleute, die nur soviel Weizen und anderes Getreide ernten wie wir davon brauchen. Wir haben weder Speicher noch Vorratsräume, wie man sie bei den Bauern sieht……“

Die zitierte Eingabe hat ein Postscriptum, in dem es heißt, daß die einzige Einnahmequelle der Leute die Arbeit für die Fabrik (d.h. für eine Art Manufaktur) sei; aber die Fabrik sei im Niedergang infolge schlechter Messen und somit die Gemeinde zum Ruin verurteilt. Man könnte annehmen, vor 1750 sei die Situation anders gewesen; direkte Angaben fehlen, aber die hohen Steuerrückstände lassen schwerlich ein blühendes Gewerbe vermuten. Von 1715 bis 1754 war die Gemeinde nicht einmal mehr fähig, einen eigenen Pfarrer zu unterhalten. Es scheint, die Dornholzhäuser, von Hause aus weniger Gewerbetreibende als Bauern, haben zwar versucht, die in sie gesetzte Hoffnung auf Ankurbelung der gewerblichen Wirtschaft zu erfüllen, indem sie Hugenottenberufe ausübten, zumal Friedrichsdorf Heimarbeit bot, aber letztlich scheinen sie dabei doch wenig erfolgreich gewesen zu sein. Oben genannte Fabrik muß übrigens bald eingegangen sein. Der fürstliche Schatzmann bemerkt 1754, daß der Gemeinde ein neuer Stoß durch den unlängst verstorbenen Fabrikanten Blanc versetzt worden sei und „daß sie sich in täglich zunehmendem Nahrungsmangel befindet und daher zu ihrem Ruin sich immer mehr neige“. Und schließlich baten die Dornholzhäuser die Landesherrschaft, eigentlich in Verkehrung der ursprünglichen Absichten des Landgrafen, einige Fabrikanten in den Ort zu bringen.

Die landgräfliche Regierung griff diesen Vorschlag auf, da sie mittlerweile wohl gesehen hatte, daß aus Dornholzhausen selbst keine Ansätze zu einem Aufschwung kommen würden. Sie entwarf den Plan, zwei Friedrichsdorfer Flanellmachermeister, Brement und Gauterin, die mit der Aufnahme in die dortige Zunft Schwierigkeiten hatten, in Dornholzhausen anzusiedeln und ihnen einige Freijahre zu gewähren. Man hoffte, daß sich dann wohl noch andere „nützliche Handwerker dorten niedersetzen wollten, auch fremde Franzosen….. so aus denen benachbarten Colonien hinzögen“

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts scheint sich die wirtschaftliche Situation etwas geändert zu haben. Vor allem die Strumpfwirkerei breitete sich aus; in vielen Nachlaßinventaren tauchen Strumpfwirkerstühle auf, und Landgraf Friedrich Carl genehmigte auf Wunsch der Dornholzhäuser eine Zunftordnung der Strumpfwirker für Dornholzhausen, die sowohl einfache Handwerksmeister berücksichtigt, als auch Manufakturen. In Briefen und Kanzleiberichten erfährt man, daß „die meisten Fabrikanten von Friedrichsdorf nach Dornholzhausen gezogen sind.“ (Das bestätigen auch die Namen Medrat, Cherigaut, Garnier). Es wurde auch direkt für Friedrichsdorfer Meister gearbeitet. Friedrichsdorf soll bis 1200 Personen im Umkreis beschäftigt haben. 1780 genehmigte der Landgraf die Errichtung einer Flanellfabrik durch die Fabrikanten Garnier, Bertalot und Fabre. Garnier und Fabre sind wiederum Friedrichsdorfer Namen.

Aber von großer Dauer war der Aufschwung der Dornholzhäuser Wirtschaft nicht. Daran änderte auch nichts, daß es dem Gemeindevorstand 1816 gelungen war, die Trassenführung der neuen Chaussee über die Saalburg nach Usingen durch Dornholzhausen zu erreichen. Einige Wenige profitierten von der Einrichtung der Spielbank in Homburg 1841, weil man hier wegen der vielen französischen Gäste gern französisch sprechende Dienstmädchen und Portiers einstellte.