Das Siegel der französisch-reformierten Waldensergemeinde Dornholzhausen

von Gerda Meyer zu Ermgassen

Von diesem Aufsatz können noch gedruckte Exemplare im Gemeindebüro bestellt werden.

Gliederung:
  1. Das neue Dienstsiegel
  2. Grundsätzliches zum Verständnis eines Siegels
  3. Die Vorgängersiegel der Kirchengemeinde
  4. Das Siegel der reformierten Kirchen in Hanau
  5. Die Palme als Symbol
  6. Versuch einer Interpretation
  7. Anmerkungen, Quellen, Verweise
Das neue Siegel der Waldenser-KirchengemeindeDas neue Siegel der Waldenser-Kirchengemeinde
Das Neue an diesem Siegel ist nicht nur seine Form als Rundsiegel, es ist vor allem die Umschrift, die dem Erlass entspricht. Dieser besagt, dass „die rechtlich korrekte Namensbezeichnung der kirchlichen Einrichtung enthalten“ sein muss. Die Umschrift lautet jetzt: * EV. WALDENSER-KIRCHENGEMEINDE BAD HOMBURG V. D. H.-DORNHOLZHAUSEN. Damit wird das evangelische Bekenntnis der Gemeinde und ihre Tradition als Kolonie von waldensischen Glaubensflüchtlingen zum Ausdruck gebracht. Die Ortsangabe verweist dass Dornholzhausen heute ein Ortsteil der Stadt Bad Homburg v. d. Höhe ist. Die französische Aufschrift des bisherigen Siegels, die ihm 1863 zur Identifikation beigefügt worden war, Eglise vaudoise de Dornholzhausen (Beschreibung siehe unten), ist durch den deutschen Text ersetzt.

Geblieben ist das Siegelbild, die Palme. Das Motto, das sinngebend für das Siegelbild war, und das früher als Umschrift im oberen Bogen an hervorgehobener Stelle stand, findet sich jetzt im unteren Teil des Siegelfeldes: LE JUSTE FLEURIRA COMME LE PALMIER (Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, Psalm 92, V.13). Die Beibehaltung der französischen Sprache erinnert an die französische und waldensische Tradition dieser Gemeinde.

Es ist nicht das erste Mal, dass durch Behörden Einfluss auf die Umschrift des Kirchensiegels genommen wird. Wie wir noch sehen werden, war dies auch in Dornholzhausen schon der Fall. Denn außer dem bisher gültigen Siegel gibt es im Pfarrarchiv weitere Siegelstempel, die das gleiche Bild tragen und deren Gestaltung und Inhalt wir in diesem Zusammenhang auch betrachten und vergleichen wollen. Doch – bevor wir auf die verschiedenen Siegel eingehen, möchte ich einiges Grundsätzliche zu Siegeln und ihrer Verwendung sagen.

2. Grundsätzliches zum Verständnis eines Siegels

Was versteht man unter einem Siegel und wozu braucht man es? „Siegel“ ist der etwas anspruchsvollere Name dessen, was wir heute als amtlichen Stempel kennen. Es ist ursprünglich der Abdruck eines bestimmten Motivs mittels Siegelstempel (sog. Typar) in eine weiche Masse (Wachs oder prägbares Metall), in der Neuzeit mittels Druckfarbe auf ein Dokument. Das heißt, wir müssen zwei Typen von Siegelstempeln unterscheiden. In das ursprüngliche Typar war ein bestimmtes Bild eingeschnitten oder graviert, es war ein Negativstempel, bis heute bekannt als Petschaft und Siegelring. Der hierbei entstehende Abdruck ergab ein plastisches Bild. Dagegen trägt der heutige Stempel ein positives Bild, dessen Abdruck mittels (Stempel-) Farbe sich als ein normales Druckbild darstellt. Heute werden anstelle der ursprünglichen Metallstempel Gummistempel benutzt. Das Siegelbild sollte individuell sein, es wird durch die Umschrift unverwechselbar. Die Form kann variieren.

Siegel haben eine lange, bis in die Antike zurückreichende Tradition. Ein Siegel sollte ursprünglich ein Erkennungs- bzw. ein Beglaubigungszeichen sein. Abgesehen davon, dass jede Privatperson ein Siegel führen kann, wird es heute vorwiegend von Institutionen und deren offiziellen Vertretern – sprich Amtspersonen – verwendet und zwar zur Beglaubigung von Niederschriften über Rechtshandlungen, wobei Siegel und Unterschrift als Beglaubigungsmittel gleichberechtigt nebeneinander stehen. Durch die zusätzliche Unterschrift wird gewährleistet, dass Missbrauch oder Fälschung eines Siegels ausgeschlossen werden.

3. Die Vorgängersiegel der Kirchengemeinde Dornholzhausen

Wenden wir uns nun nach der theoretischen Vorbemerkung den älteren erhaltenen Siegelstempeln zu. Wie bereits bemerkt, hat man sich bei der Gestaltung des neuen Siegels weitgehend an dem Vorgängersiegel orientiert. Doch wie sah dieses aus?

Der Dornholzhäuser Pfarrer Emile Couthaud, der 1864 eine Geschichte der Waldenserkolonie Dornholzhausen in französischer Sprache verfasste, hat das Siegel der Kirchengemeinde abgebildet und knapp kommentiert.(Anm.1) Er hält es für eine Nachbildung des Siegels der Wallonischen Gemeinde in Hanau und vermutet, dass es von Pfarrer Charles Ramus (Anm.2) eingeführt wurde. Das Siegelbild zeigt eine Palme und trägt als Motto Worte aus Psalm 92 V.13: Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum. Und schließlich: man hat 1863, d. h. unter dem Autor selbst, eine nähere Bezeichnung hinzugefügt, nämlich Waldenserkirche von Dornholzhausen.

Es handelt sich um das Siegel, das bis 2007 in Gebrauch war. Jeder, der einmal ein Dokument über eine kirchliche Handlung oder eine Bescheinigung dieser Kirchengemeinde erhalten hat, wird dieses Siegel kennen. Das Bildmotiv, die Palme, war auch auf der textilen Bespannung der ehemaligen Kanzelrückwand dargestellt. Heute ist das Zeichen in einem der modernen Fenster integriert und so den Gottesdienstbesuchern vertraut.
Siegel von 1866Siegel von 1866
Warum dieses neue Siegel? Nach dem Krieg von 1866 war die ehemalige Landgrafschaft Hessen-Homburg dem Königreich Preußen einverleibt worden. Für alle Behörden der einverleibten Länder wurden neue Siegelstempel angeordnet, in denen üblicherweise der Hinweis auf die neue Staatszugehörigkeit angegeben wurde. Dem hat sich auch die Kirchengemeinde Dornholzhausen angeschlossen.

Aber dieser Stempel wurde durch die historischen Ereignisse hinfällig: durch die Revolution von 1918 wurde die Monarchie und damit das Königreich Preußen beseitigt. Wiederum durch höchste Anordnung wurde damals der Zusatz „Königlich“ und „Königreich“ in den Titeln der Behörden und in ihren Siegeln aufgegeben. In der Kirchengemeinde Dornholzhausen ließ man nun kein neues Siegel herstellen, sondern man griff wieder auf den älteren Stempel zurück, der keinen Hinweis auf die Staatszugehörigkeit enthält.

Das ist aber noch nicht alles. Das Pfarrarchiv hält noch eine weitere Überraschung bereit. Es ist ein ovaler Negativstempel, also ein Petschaft, er ist von kleinerem Format als die bisher betrachteten Positivstempel. Er macht hinsichtlich der geschichtlichen Einordnung die meisten Probleme.

4. Die Siegel der reformierten Kirchen in Hanau

Bleibt noch zu klären, wie es sich mit Couthauds Hinweis auf die Ähnlichkeit mit dem Siegel der Wallonischen Gemeinde in Hanau verhält. In Hanau sind die Abbildungen von zwei Petschaften überliefert, welche die Siegelbilder der ehemals getrennten Wallonischen und Niederländischen Gemeinden aufweisen. Die Abbildungen sind hier in einer Umzeichnung wiedergegeben.(Anm.3)
Links: Wallonische Gemeinde, rechts: das GemeinschaftssiegelLinks: Wallonische Gemeinde, rechts: das Gemeinschaftssiegel
Es handelte sich in Hanau ursprünglich um zwei reformierte Gemeinden, deren Geschichte in die Zeit vor der hugenottischen und waldensischen Zuwanderung des ausgehenden 17. Jahrhunderts zurückreicht. Sie wurden gegründet von Glaubensflüchtlingen aus den ehemals Spanischen Niederlanden, die auf Umwegen, u. a. über Frankfurt nach Hanau kamen und die 1597 dort Asyl fanden. Ihre ehemalige Doppelkirche wurde 1945 zerstört. Seit 1960 sind die beiden Gemeinden vereinigt als selbständige evangelisch-reformierte Gemeinde, die als Gliedkirche zwar der EKD, nicht aber der zuständigen Evangelischen Landeskirche für Kurhessen und Waldeck noch einer anderen Landeskirche angehört. Seit der Vereinigung der Gemeinden führen sie jetzt auch ein gemeinsames Siegel.

Die Ähnlichkeit mit unserem Gemeindesiegel ist verblüffend. Gäbe es nicht die auf Hanau bezogene Umschrift, so könnte man beide für Vorläufer des Dornholzhäuser Siegels halten.

Zunächst das Siegel der wallonischen Gemeinde: es hat eine leicht ovale Form, zeigt im Zentrum das Bild einer Palme mit eher stilisierter Krone, die – recht unscheinbar – Früchte trägt, beidseits des Stammes das Wort PAL ME. Die Umschrift identifiziert es eindeutig als das Siegel der wallonischen Gemeinde: LEGLISE • WALLONE • DE • HANAV •. Der Hinweis auf einen Bibeltext fehlt zwar, aber ein Deckenmedaillon in der Wallonischen Kirche vor ihrer Zerstörung zeigte im Zentrum eine stilisierte Palme und die Umschrift LE JUSTE FLEURIRA COMME LA PALME.(Anm.4)

5. Die Palme als Symbol

Palmbaum und Palmzweig sind seit der Antike häufig verwendete Symbole in der christlichen Ikonographie und in der Emblematik [vgl. auch unser Kirchenfenster ]. Die Palme ist wegen ihrer Fruchtbarkeit und Unversehrbarkeit selbst in argen Stürmen ein Siegessymbol schon seit der Antike. In den Psalmen (besonders in Psalm 92,13) ist sie Symbol des Gerechten. Sie ist auch Begrüßungssymbol beim Adventus von Herrschern und beim Einzug Christi in Jerusalem. … Palmzweige als Siegessymbol in der Hand von Heiligen charakterisieren diese in der christlichen Kunst meist als Märtyrer (Anm.9). Dieses Attribut der Märtyrer, das sich bereits in der frühchristlichen Ikonographie findet, ist ein Symbol des Leidens wie auch des Triumphes. Vielleicht ist auch diese Bedeutung der Palme im Bewusstsein der Verfolgten gegenwärtig gewesen, dass der Zweig der Palme auf den Sieg des Märtyrers über den Tod und seinen Eingang ins Paradies (Anm.10) hingewiesen hat.

In vielen Bildern, in denen der Palmbaum als Symbol dargestellt ist, ist die Krone der Palme mit einem Gewicht beschwert. Dies soll ein Hinweis sein auf ihre Stärke und Robustheit, dass sie Belastungen standhält und Widerstände überwindet. Sie lässt sich auch nicht niederdrücken, denn ihre Zweige brechen nicht durch Gewalteinwirkung oder durch das Anbringen von Gewichten, sondern sie schnellen zurück.

Auch ein Beweis für die Robustheit und Lebenskraft der Palme ist übrigens die sensationelle Nachricht, die 2005 in Israel mit dem ausdrücklichen Hinweis auf Psalm 92,13 und 15 veröffentlicht wurde: Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum…Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein. „Israelische Forscher und Ärzte haben es geschafft, einen fast 2000 Jahre alten Dattelkern zum sprießen zu bringen. Den antiken Dattelkern, dem der Name „Methusalem“ verliehen wurde, hatte man bei Ausgrabungen auf der jüdischen Festung Massada in der judäischen Wüste gefunden…“. Die originale Dattelpalme Judäas, die angeblich von Kreuzrittern zerstört wurde, soll nun wieder lebendig werden.(11)

In der Emblematik, besonders des 16. und 17. Jahrhunderts, ist das Bild des Palmbaums, dessen Krone mit einem Gewicht belastet ist oder an dessen Zweigen Gewichte hängen, ein beliebtes Motiv. Durch eine Devise wird dies meist noch bekräftigt: „Palma sub pondere crescit“ (Die Palme wächst unter dem Gewicht) oder „Si pressa valentior“ (Unter Druck wird sie kräftiger) und für das Wieder-Aufrichten „Percussa resurgo“ (Obwohl erschüttert richte ich mich wieder auf) oder „Curvata resurgo“ (Gebeugt richte ich mich wieder auf).

Das Motiv begegnet sowohl im profanen als auch im religiösen Bereich. Ein frühes Beispiel für die Darstellung einer beschwerten Palmkrone ist ein in verschiedenen Ausführungen gestaltetes Signet einer Baseler Druckerfamilie aus dem 16. Jahrhundert.812) Und noch im 19. Jahrhundert ließ man im Fürstentum Waldeck-Pyrmont, dessen Wappen die Devise Palma sub pondere crescit trägt, einen sog. „Palmtaler“ mit diesem Motto und mit dem Bild einer durch Gewicht beschwerten Palme prägen.(13)

Die reformierten Gemeinden haben sich für ihre Siegel gern der Vorbilder aus der Emblematik bedient. Ihre Siegelbilder lassen erkennen, „wie der Kalvinismus, der die strenge Befolgung des biblischen Bildverbots (2. Moses 20,4) vorschrieb, auf dem Wege über die allegorische und symbolische Darstellung doch eine bildhafte Ausdrucksform religiöser Inhalte fand.“(14) So finden sich auf den Siegelbildern neben der Palme und anderen Bäumen auch stilisierte Pflanzen, Bilder wie Schiff und Anker, ebenso Tiere, vor allem die Taube und das Buch.

Das Motiv der Palme mit den dazu überlieferten Devisen haben die reformierten Gemeinden schon sehr früh übernommen und zu ihrem Leitbild gemacht. Die niederländische Gemeinde in Hanau hat an die Stelle einer lateinischen Devise den Hinweis auf ein Bibelwort gegeben, in Dornholzhausen hat man das Psalmwort in der eigenen Sprache eingesetzt.

Siegelbilder mit dem Palmbaum finden sich bei den französisch-reformierten, bei wallonischen und niederländischen und auch deutschen reformierten Gemeinden. Dafür gibt es verschiedene Belege, für die einige eher zufällig gefundene Beispiele anführt werden sollen.

So findet sich die Palme auch auf dem Siegel der 1587 gegründeten „wallonischen französisch-reformierten Hugenottengemeinde“ von Dordrecht in den Niederlanden. Die Palme trägt Früchte und sie ist darüber hinaus auf der Krone mit einem Gewicht beschwert, das lateinische Motto lautet: •S[I]•PRESSA•VALENTIOR•. Es ist ein Rundsiegel, das starke Ähnlichkeit mit den Hanauer Siegeln aufweist, allerdings ohne Ortsbezeichnung.15

Seit 1686 feierten die in Halle angesiedelten Hugenotten ihre Gottesdienste in der Magdalenenkapelle im Torturm der Moritzburg. In einem Bericht aus dem 18. Jahrhundert über die Moritzburg und „von der
Capelle St. Mariä Magdalenä, und dem Gottesdienst der Französischen Evangel. Reformierten Gemeinde in derselben“ heißt es: „Schließlich muß ich noch hinzu thun, dass das hiesige Consistorium einen Palmbaum im Siegel führe, mit der Beyschrift: Curvata resurgo.“ (16)

Aber auch in einer Gemeinde, die ihre Anfänge nicht auf Glaubensflüchtlinge zurückführen kann, ist das Motiv der Palme mit dem entsprechenden Motto zu finden.

6. Versuch einer Interpretation

Nach der äußerlichen Betrachtung über die Gestaltung der Siegel und ihre Verwendung möchte ich noch versuchen, auf den Inhalt einzugehen. Wie erklärt sich das Leitbild der Palme mit dem Motto aus Psalm 92 auf dem Siegel einer christlichen Gemeinde?

Eine Antwort lässt sich vielleicht geben, wenn wir uns den Kontext in Psalm 92, 8-16 (Deutsche Übersetzung nach Martin Luther) ansehen:

Die Gottlosen grünen wie das Gras, und die Übeltäter blühen alle – nur um vertilgt zu werden für immer! Aber du, Herr, bist der Höchste und bleibest ewiglich. Denn siehe, deine Feinde, Herr, siehe, deine Feinde werden umkommen; und alle Übeltäter sollen zerstreut werden. Aber mich machst du stark wie den Wildstier und salbst mich mit frischem Öl. Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben. Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum; er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon. Die gepflanzt sind in dem Hause des Herrn, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen. Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, dass sie verkündigen, wie der Herr es recht macht; er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.

Es ist ein kämpferischer, trotziger Text, gesprochen aus der Defensive eines in Bedrängnis geratenen Menschen. Der Verfasser des Psalms versucht, seinen Platz gegenüber Gott, aber auch gegenüber seinen Feinden zu definieren, indem er Bilder verwendet. Und er vergleicht. Ein Gegensatz, der sich aus den Verhältnissen im Mittelmeerraum versteht: auf der einen Seite das Gras, das zwar grün ist und blüht, aber nur eine Saison lebt und dann verdorrt, auf der anderen Seite die Palme, die ständig grünt und dauerhaft wächst, die sich kräftigt und Früchte trägt. Das beständige Grün ist ein Zeichen für Leben. Ähnliche Bilder werden in der Bibel häufiger verwendet: die Gerechten werden grünen wie das Laub (Sprüche 11,28).

In Psalm 92 steht im Mittelpunkt die Aussage der Verse 13 und 14: Der Gerechte wird dauerhaft grünen, und wer in den Vorhöfen Gottes wohnt, ist ihm nahe. Wer aber ist der Gerechte? In der Bibel heißt Gott selbst oft „der Gerechte“, hier aber ist sein Gegenüber gemeint, nämlich der Mensch, der die Gebote Gottes hält, der vor Gott bestehen kann. Er wird gesehen im Gegensatz zu dem Gottlosen, dem Sünder. Besonders anschaulich wird dies auch in Psalm 1 zum Ausdruck gebracht: er ist der Fromme, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen noch tritt auf den Weg der Sünder noch sitzt, wo die Spötter sitzen, denn der Gerechte ist wie ein Baum gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht (V.1 u. 3).

Der Vergleich zwischen dem vergänglichen Gras und der beständigen Palme steht in Psalm 92 für das Verhältnis des Psalmisten zu Gott. Dieses gibt ihm eine gewisse Zuversicht, er spricht Gott an: mich machst du stark, und die seine Gebote halten, werden wenn sie auch alt werden, … dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein. Und das macht ihn auch sicher gegenüber Anfeindungen: mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab … die sich gegen mich erheben, denn: er ist mein Fels.

So hat sich wohl eine verfolgte Gemeinde verstehen müssen, die sich bemühte, in einem feindlichen Umfeld standhaft zu bleiben und nach den Geboten Gottes zu leben und im schlimmsten Falle für ihren Glauben zu sterben. Dazu bietet sich der Psalm 92 als Motto und damit die Palme als Leitbild an.
Wie ein Palmbaum grün und kräftig werd ich stehn,
wachsen werd ich wie die Zeder auf den Höhn
und dem Sturme trotzend leben in der Welt.
Denk an Gott nur und vergiß nicht, wer dich hält! (Anm.19)
Anmerkungen:
  1. Le sceau de notre Eglise est, à ce que je crois, une imitation de celui de l’Eglise vallonne de Hanau. Je suppose que ce fut Mr. Ramus, qui l’introduisit. II représente un palmier et porte, pour inscription, les paroles du v. 13, Ps. 92: «Le juste fleurira comme le palmier.» En 1863, on y a ajouté la qualification de «Eglise vaudoise de Dornholzhausen.» (p. 71).
  2. Pfarrer in Dornholzhausen von 1789 – 1800. Er war zuvor als Hauslehrer in Offenbach tätig, wo es auch eine französisch-reformierte Gemeinde gab.
  3. Hanauer Anzeiger v. 23. Dez. 1972. Die ursprünglichen Siegelstempel der beiden Gemeinden sind nach Auskunft der Wallonisch-Niederländischen Gemeinde Hanau nicht mehr auffindbar.
  4. WALLONISCH-NIEDERLÄNDISCHE GEMEINDE HANAU. Hg. im Auftrag der Wallonisch-Niederländischen Gem. in Hanau. 1987. S.7
  5. COUTHAUD, S. 20.
  6. Ebd. S. 30.
  7. Ebd. S. 33.
  8. Ebd. S. 80.
  9. GERHART B. LADNER, Handbuch der frühchristlichen Symbolik, o. J. S.141.
  10. H. SACHS, E. BADSTÜBNER, H. NEUMANN, Christliche Ikonographie in Stichworten. Darmstadt 19987, S. 57.
  11. Vgl. HENNING WENDLAND, Signete. Deutsche Drucker- und Verlegerzeichen. 1457-1600. 1984.
  12. Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte. Bd. 5. 1967. S.225.
  13. HANS W. WAGNER, Das Symbol als Bildersatz. Zur Symbolsprache der Siegel niederländischer Hugenottengemeinden, in: 300 Jahre Hugenotten in Hessen, 1985. S.241.
  14. Ebd. S.246.
  15. Pagus Neletici Et Nudzici oder diplomatisch-historische Beschreibung des Saal-Creyses, Band 2. Halle 1773. S. 81ff.
  16. Ein Peter von Bavier (ca. 1581-1651) war reformierten Glaubens und der erste Patron der reformierten Gemeinde. Vgl. NRZ Erkrath v. 28.12.2007 mit Abb. des Siegels. Internet: www.derwesten.de/staedte/erkrath/Hoch-zu-Ross-in-die-Kirche-id1761541.html
  17. WALLONISCH-NIEDERLÄNDISCHE GEMEINDE HANAU. S.4.
  18. GÜNTER RUTENBORN (1971), aus dem Ungarischen (16. Jahrhundert). Evangelisches Gesangbuch unter „Psalmen und Lobgesänge“ Nr. 284 Vers 4.
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