Die neuen Siedler von Dornholzhausen

von Birgitta Duvenbeck

Die neuen Siedler von Dornholzhausen gehörten zu jener großen Zahl von Flüchtlingen, die aufgrund der Religionspolitik Ludwigs XIV., „un roi, une foi, une loi“ Frankreich und Savoyen verlassen mussten, wenn sie ihren Glauben nicht aufgeben wollten. Jene Flüchtlinge, die in Dornholzhausen eine neue Bleibe gefunden hatten, waren Waldenser, aus dem Cisone Tal. Für Philipp Gallet und Thomas Bertalot wissen wir aus dem Kirchenbuch, dass sie aus Méan und Bourcet im Pragela-Tal (oberes Chisone-Tal, zwischen Pinerolo und Colle Sestriere) stammten. Eine Liste des holländischen Gesandten über die 1699 in Hessen-Homburg Eingewanderten weist für Samuel Preveiral Pragelas als Heimtort aus und für Jean Jourdan Usseaux, ebenfalls im Pragela-Tal gelegen. Für Pierre Ferrier werden die „Täler Piemonts“ als Herkunftsgebiet angegeben. In das Pragela-Tal führen nach Sprachuntersuchungen auch die Namen Bonin,Heritier, Micol, Lageard und Blanc. Dornholzhäuser Tradition sieht die Heimat der Einwanderer ebenfalls im Pragela-Tal. Heute ist dieses Tal ganz katholisch. Es erstreckt sich über eine Höhe von ca. 700 m bis 1.800 m und ist durch seine SO-Exposition klimatisch relativ begünstigt. Der Ort Pragelato liegt etwa 1.500 m hoch. Im Tal wurde und wird Ackerbau betrieben, je nach Höhenlage Weizen- oder Roggenanbau. Bis ca. 700 m Höhe kann Wein kultiviert werden. Auf den Höhen betreibt man Weidewirtschaft und Skitourismus. Ein Problem stellten die immer wieder auftretenden Überschwemmungen dar.

Die Flüchtlinge fanden bei den protestantischen Landesherren aus verschiedenen Gründen recht offene Ohren: Zum einen fühlten die Fürsten die moralische Verpflichtung, den Glaubensbrüdern zu helfen. Das beweisen unter anderem Briefe dieser Landesherren, der Niederlande und des Königs von England, in denen sie sich für die Aufnahme verwendeten. Darüber hinaus unterstützten England und die Niederlande die Flüchtlinge mit Kollektengeldern und Pensionen. Die Niederlande ernannten einen Generalbevollmächtigten, der sich um die Unterbringung der Exulanten in Deutschland zu kümmern hatte.

Auch Friedrich II. von Hessen-Homburg musste sich als Calvinist angesprochen fühlen. Die ersten Verhandlungen über die Ansiedlung der Waldenser zwischen dem Landgrafen Friedrich II., dem niederländischen Generalbevollmächtigten Pierre Valkenier und den Waldenserpfarrern Papon und Arnaud fanden im Oktober 1698 statt. Mit großer Sorgfalt bemühten sich die Pfarrer darum, dass die Flüchtlinge eine ausreichende Existenzgrundlage erhielten. So verließen sich weder die Pfarrer noch der Generalbevollmächtigte auf die landgräfliche Beschreibung der Siedlungsplätze, sondern sahen sich selbst die in Aussicht gestellten Örtlichkeiten genau an, um bei dem Angebot des Landgrafen, in der Stadt oder auf dem Land zu siedeln, das für diese Flüchtlingsgruppe geeignetste herauszusuchen und zu entscheiden, wie viele Siedler dort eine neue Lebensgrundlage finden könnten. So zog man der Stadt, wo die Siedler einen Platz für einen Garten, einen Hühnerstall und ein mittelgroßes Haus bekommen sollten, das sie auf eigene Kosten bauen mussten, den sogenannten „Reisberg“ vor, wo dreißig bis vierzig Familien je 10 Morgen Land erhalten konnten.

Pfarrer Papon beschreibt den Platz so: „Der Ort befindet sich eine knappe Stunde von der Stadt Homburg entfernt, am Fuß eines kleinen Gebirges, welches ihn nach Westen abschirmt. Er liegt am Ende eines großen Waldes, nicht weit entfernt von einem Ort, wo es 30 von Glaubensflüchtlingen errichtete Baulichkeiten gibt, und wo jene von ihrer Arbeit zu leben beginnen. Das Land ist gut. Ein Teil ist urbar gemacht, ein anderer ist es nicht. Die Landarbeiter können sich dort günstig niederlassen“.

Ergänzend dazu heißt es in einer landgräflichen Beschreibung:

„Manufacturiers und Handwerker hätten sehr gute Gelegenheit Commerzien zu etablieren……. als man von hier in zwo Stunden auf Frankfurt, in drei Stunden auf Hanau und in fünf Stunden auf Mayntz kommen und sich daselbsten des Rheins bis in Holland bedienen kann“.

Hierher kamen nun Mitte des Jahres 1699 vierzig waldensische Familien, die meisten mit drei oder mehr Kindern. Zehn Familien zogen bald weiter nach Offenbach, da das Gelände nur für dreißig Familien ausreichte. Die Namen der ersten Siedler kennen wir aus der bereits genannten Liste Valkeniers, die dieser 1699 mit der Bitte um Unterstützungsgelder nach Holland schickte: Jean Anastaze, Abraham Bertalot, Thomas Bertalot, Samuel Bertalot, Susanne Bertalot, Marie Blanc, Michel Brunet, David Creyer, Jean Chonet, Michel Drome, Etienne Engant, Pierre Ferrier, Moyse Ferrier, Jacques Gallet, Jean Gallet, Philip Gallet, Jacques Heritier, Marie Heritier, Pierre Jordan, David Jordan (Pfarrer), David Jordan, Lanselme Jordan, Jean Jordan, Jean Lageard, Jeanne Lageard, Witwe Lageard, Pierre Lavigne, Pierre Micol, Jean Micol, Samuel Préveral.

Alle noch auffindbaren Genealogien (incl. Basler Schiffslisten) der Dornholzhäuser Waldenser hat Dr. Theo Kiefner dokumentiert in „Die Waldenser auf ihrem Weg aus dem Val Cluson druch die Schweiz nach Deutschland 1532-1820/30. Band 5, Teil 2,1 (Dornholzhausen), Calw 2003. (Vergriffen, Belegexemplar in Gemeindebüro).
Desweiteren hat Dr. Walter Mittmann unsere Kirchenbücher gesichtet eine umfangreiche genalogische Übersicht erstellt. Nährere Informationen hierzu im Gemeindebüro.
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